Die amerikanische Gesellschaft muss sich die
Frage gefallen lassen, warum gerade bei ihr eine
Naturkatastrophe dazu führt, dass nach relativ
kurzer Zeit alle zivilen Schranken fallen und eine
Stadt in Chaos und Anarchie versinkt, während die
asiatische Gesellschaft bei der Bewältigung der
Tsunami-Katastrophe nicht diese Aggressivität und
Brutalität vermittelte, sondern ganz im Gegenteil
eher durch große Hilfsbereitschaft untereinander
auffiel.
BERLIN KAY-UWE GOLDBACH
"The Big Easy" ist selber schuld, dass so viele
Einwohner von New Orleans in ihrer Stadt
ausgeharrt haben. Allzu bedauernswert sind sie
nicht. In der Mehrheit haben sie bewusst
entschieden zu bleiben. Autos, auch wenn weniger
als sonst wo, gab's genug. Und auch wenn die Leute
sich kein Motel leisten können, es gibt Verwandte
und Bekannte. Warum haben sie nicht auf die
ausdrücklichen Warnungen gehört? "The Big Easy"
heißt auch, etwas auf die leichte Schulter nehmen;
der Staat wird's schon richten. Diese
Versorg-mich-Mentalität war jedoch fatal.
BERLIN ALAN BENSON
Ein heilsamer Effekt der Zerstörungen durch
diesen und wahrscheinlich weitere Hurrikane wäre,
dass der selbstgefällige Voodoo-Magier des
American Way of Life namens Bush und seine
Kurzstrecken-Kreationisten mal einen deutlichen
Dämpfer kriegen. Denn die wollen ihre Leute und
letzten Endes uns alle von dringend zu lösenden
Aufgaben ablenken. Weil sie ihr Geld für was
anderes brauchen: sich einen Riesen-Heiligenschein
zu basteln.
BINGEN (RHEIN) CHRISTOPH MÜLLER-LUCKWALD
Für uns in Deutschland sind die Lehren aus dem
Hurrikan-Desaster eine wichtige Botschaft vor der
Wahl am 18. September: Schauen wir genau hin,
welche Kandidaten sich mit welchen Ideen zu
Reformen unseres Sozial- und Gesundheitssystems
äußern. Die USA haben spätestens seit "Katrina"
als Beispiel ausgedient.
BAD CANNSTATT (BAD.-WÜRTT.) Günther ROHM
Bei all der Leichtigkeit in New Orleans hatte
man keine Zeit zur Vorsorge. Man hat nicht
gelernt, sich selbst zu helfen, jetzt müssen
andere helfen, und zwar sofort. Irgendwie erinnert
mich das an die Fabel von der Grille und der
Ameise.
CLOPPENBURG (NIEDERS.) JOHANNES TAPHORN
Die für uns manchmal merkwürdig aussehende
Religiosität der US-Amerikaner scheint mir in
einem Zusammenhang mit der Katastrophe in New
Orleans zu stehen. Der auch vom Präsidenten oft
gebrauchte Satz "Gott schütze Amerika" steht für
ein unerschütterliches Gottvertrauen, das
menschliche Anstrengungen überflüssig macht. Die
Gleichgültigkeit gegenüber den sozial Schwachen,
die sich nicht aus eigener Kraft in Sicherheit
bringen konnten, findet eine Erklärung in dem
Grundsatz: "Hilf dir selbst, so hilft dir Gott."
Im Ganzen liefern die USA in New Orleans ein Bild,
das einer kultivierten Nation unwürdig ist.
WOLFSBURG HELMUT WOITAS
Bush ist fähig, lebensvernichtende Pläne
präzise auszuarbeiten, aber er schafft es nicht,
seine eigene Bevölkerung schnell und wirksam mit
dem Notwendigsten lebenserhaltend zu versorgen. Es
mag daran liegen, dass Patriotismus und Pathos,
vor allem aber Profit besser vor militärischem
Hintergrund zu verwirklichen sind als mit Vorsorge
für ärmere Bevölkerungsschichten. Auch
Umweltschutz ist Heimatschutz.
GUMMERSBACH (NRDRH.-WESTF.) F. L. WINKELHOCH
Wenn Sie schreiben, die Katastrophe hätte mit
der globalen Erwärmung nichts zu tun, so ist diese
Aussage wissenschaftlich unhaltbar und politisch
fatal. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen
Zahl und Stärke von Hurrikan mit der globalen
Erwärmung gilt in Fachkreisen zwar momentan als
noch nicht beantwortbar. Aber es gibt durchaus
Argumente dafür, eine Verstärkung dieser
Naturkatastrophen in einer wärmeren Welt zu
erwarten. Politisch fatal ist, dass damit das
Bedürfnis vieler bedient wird, sich selbst nicht
durch die Veränderung des Weltklimas bedroht zu
fühlen.
HILDEN (NRDRH.-WESTF.)
DR. AXEL SCHMITZ
Es wird in deutschen Medien behauptet, nur die
Wohlhabenden hätten die Stadt verlassen können.
Ja, aber weil die aus liberalen Schwarzen
bestehende Stadtregierung von New Orleans versagt
hat. Warum hat sie beispielsweise nicht alle
Schulbusse und Züge benutzt, um Menschen zu
evakuieren? Jetzt beschuldigt sie die
Bundesregierung, um von ihrer eigenen Inkompetenz
abzulenken.
GEORGIA (USA) CLAUS FRANZKOWIAK
Welche Soforthilfe haben die Vorstände der
globalen Konzerne, die internationalen